Kurt Reidemeister (1893-1971)
Reidemeister wurde am 13. Oktober 1893 in Braunschweig geboren. Er kam Anfang der zwanziger Jahre in Hamburg mit Blaschkes Differentialgeometrie in Berührung. Das sollte für sein späteres Leben bestimmend werden: die Geometrie wurde sein eigentliches mathematisches Forschungsgebiet. Seine Untersuchungen erstrecken sich auf die Grundlagen der Geometrie bis hin zur Topologie. Forschungsgegenstände waren hier vor allem die Knotentheorie, die kombinatorische Topologie, der Homotopiekettenring. Viele der behandelten Fragestellungen fanden bei den Topologen erst ein größeres Interesse in den sechziger Jahren, die wir heute als eine Zeit höchster Blüte in der Topologie ansehen. Die Reidemeistertorsion, die im Anschluß an die Arbeiten Reidemeisters gefunden wurde, spielte dabei eine wesentliche Rolle.
Seine über die Mathematik hinausragenden philosophischen und allgemein literarischen Interessen hat Reidemeister nie verkümmern lassen. In Wien (1922-1925) trat er der logischen Schule, dem Wiener Kreis näher. Ihn interessierte vor allem das mathematische Denken, wie etwas in der Mathematik bewiesen wird und auch unsere geometrische Anschauung, die unsere Psychologen heute die visuelle Mannigfaltigkeit nennen. Er fand, daß nur die berandeten Körper anschaulich sind. Reidemeister lehrte 1925 - 1933 in Königsberg, wurde 1933 zunächst entlassen, dann 1934 als Nachfolger von Hensel nach Marburg berufen und war ab 1955 in Göttingen. Am 8. Juli 1971 ist er hier gestorben.