Mathematik an der Universität Göttingen
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Brunsviga-Diasammlung

von stud.math. Carolin Wagner im Juli 2013


Brunsviga Sprossenrad

Neben einigen Rechenmaschinen des Unternehmens „Grimme, Natalis & Co.“ befinden sich auch Dia, die den Aufbau der Maschinen modellieren, im Besitz des Mathematischen Instituts Göttingen. Die Dia-Sammlung wurde um 1898 von dem Professor für Darstellende Geometrie Dr. Friedrich Schilling (1868-1950) angelegt (vgl.[2]). Detaillierte Aufnahmen eines Sprossenrades sind auf den Dia mit den Inv.-Nr. 1369,1622,1623,1702 und 1707 zu erkennen. Eine genauere Zuordnung des jeweils abgebildeten Sprossenrades zum Modelltyp ist nicht möglich, da die meisten Rechenmaschinen der Marke Brunsviga damit ausgestattet waren, außer z.B. die Brunsviga 10.

Auf dem Dia 1369 der Abb.1 erkennt man die neun stabförmigen Sprossen des Brunsviga-Sprossenrades (längliche viereckige Stäbe des zentralen großen Rades), wovon die ersten fünf über die Ringscheibe hinüberragen und die sechste bis neunte verdeckt in der Radscheibe liegen. Etwas abgesondert von den neun Sprossen erkennt man die Zehnersprosse, welche bei einem Zehnerübertrag aktiviert wird (Abb.-Bezeichnung 10 auf Abb.1). Die abgerundete Ausbuchtung gegenüber der Zehnersprosse ist die „Einstellnase“ auch Stellring genannt, über die eine Zahl am Einstellwerk eingestellt wird und somit entsprechend viele Sprossen verbirgt oder herausfährt. Von einem Sprossenrad dieser Form sind je nach Stellenanzahl des Einstellwerks entsprechend viele Räder nebeneinander auf einer Metallstange (sog. Achse) befestigt. Erkennbar ist hierfür das zentrale Loch in der Mitte des Sprossenrades.

Das Zusammenspiel zwischen dem Zähnchenrad und dem Übertragungszahnrad sind in den Dia 1622 und 1623 dargestellt (siehe Abb.2(a),(b)). Beide Abbildungen zeigen eine ähnliche Darstellung mit dem Unterschied, dass die Abbildung im Dia 1622 ein zerlegtes Sprossenrad zeigt. Diesem Sprossenrad wurde die Scheibe mit der Einstellnase entfernt, so dass nur noch die Sprossen der zwei Scheiben in Zusammenarbeit mit dem Zähnchenrad und dem Übertragungszahnrad stehen.

Brunsviga Sprossenrad

Brunsviga Sprossenrad

Das Dia 1702 zeigt ein zerlegtes Sprossenrad, welches aus zwei Scheiben besteht (siehe Abb. 3). In der rechten unteren und oberen Ecke ist das zusammengesetzte Rad dargestellt, jeweils aus verschiedenen Seitenansichten. Das linke obere Einzelteil bildet die Einstellvorrichtung ab, welches ein neunstelliges Sprossenrad zur Verfügung stellt. Auf der linken unteren Dia-Abbildung ist ein Sprossenrad mit zwei schräg stehenden Sprossen zu erkennen, welche im Gegensatz zu den radial beweglichen Sprossen permanent über das Rad hinaus ragen. Diese fixierten Sprossen dienen der Zehnerübertragung.

Brunsviga Sprossenrad

Das Dia mit der Inv.- Nr. 1707 bildet ein geöffnetes Sprossenrad ab. Die beweglichen Sprossen liegen in einer Nut (linker oberer Teil des Bildes) und auf der unteren Seite des Rades ist eine fixierte Sprosse zu erkennen (siehe Dia 1702). Im rechten oberen Bildviertel ist ein Zahnrad abgebildet, welches bei der Rechenmaschine dicht neben dem Sprossenrad auf einer Achse angeordnet ist. Das Zahnrad hat die Funktion der Einstellscheibe, da sie mit einer Einstellnase versehen ist. Wird das Zahnrad gedreht, so kommt es zu einer weiteren Drehung eines kleineren Zahnrades (Zehnerübertrag), welches im linken unteren Bildviertel angedeutet wurde. Dieses kleine Ziffernrad ist mit einem Hebel (rechtes unten im Bild) verbunden. Der Hebel befindet sich zwischen der Ziffernscheibe und dem Sprossenrad. Er enthält ebenfalls ein eigenes kleines zehnzähniges Übertragungsrad, welches aber in dieser Abbildung nicht zu sehen ist. Das Übertragungszahnrad hat eine indirekte Drehung der Ziffernscheibe zur Folge.

Brunsviga Schlitten

Zur Einstellung der Einer, Zehner, Hunderter etc. bei einer Rechenmaschine ist eine Verschiebung des Schlittens vonnöten, welcher in dem Dia 1704 dargestellt wird (siehe Abb. 5). Dieser ist nach links und rechts verschiebbar und besteht aus dem Umdrehungszählwerk und dem Resultatwerk.

Um die Anzeigen des Einstell-, Umdrehungszähl- und Resultatwerks zurück setzen zu können, dreht man die Flügelschraube (Modelle mit den Inv.-Nr. 507, 505) bzw. betätigt den Löschhebel (Modelle mit den Inv.-Nr. 1621, 909) an dem jeweiligen Werk. Die Flügelschrauben der frühen Brunsviga-Modelle waren recht klein, wurden jedoch in späteren Ausführungen vergrößert und danach durch einen Hebel ersetzt.

Brunsviga Flügelschraube

Das Dia 1703 zeigt eine große Flügelschraube und links im Bild zwei Zehnerübertragungshebel mit den entsprechenden Ziffernrädchen (siehe Abb. 6). Die ersten Modelle der Brunsviga-Rechenmaschinen wurden nach dem Odhner-Patent gefertigt. Hierzu zählt auch Älteste Modell aus dem Jahre 1892 mit der Inv.-Nr.507, welches kleine Flügelschrauben besitzt.

Brunsviga Zehnerübertragung

Das Dia 1624 stellt den Zehnerübertragungsmechanismus dar (siehe Abb. 7). Das Gehäuse der Maschine wurde entfernt, um das Sprossenrad mit dem Zehnerübertragungshebel sichtbar zu machen. Jedes Sprossenrad, mit Ausnahme des ersten Rades, ist mit einer weiteren Sprosse ausgestattet, welche nicht flexibel verstellbar ist wie die anderen Sprossen, sondern in ihrer Position fixiert bleibt. Sie ragt permanent über das Sprossenrad hinaus (siehe Dia 1707, Abb. 4, linkes offenes Sprossenradteil). Das Sprossenrad tritt in Kontakt mit dem Ziffernrad, welches das kleinere Rad auf dem Bild ist.

Die Anordnung der Sprossen- und Zahlenräder zeigt, dass eine Rechtsdrehung der Kurbel eine Linksdrehung der Sprossen- und Ziffernräder bewirkt. Eide Linksdrehung erzielt die entgegengesetzte Wirkung. Die Rechtsdrehung der Kurbel liefert eine Addition. Die Drehung sämtlicher Ziffernscheiben erfolgt durch die Aufreihung auf eine gemeinsame Achse und die identische Anordnung der Ziffern auf allen Scheiben. In der linken Bildhälfte der Abb.7 ist eine Detailaufnahme der unteren Achse zu erkennen, auf welcher sich die Ziffernräder des Resultatwerks und des Umdrehungszählwerks (oberer Abschnitt) befinden. Im unteren Teil der Abb.7 sind das erste Ziffernrad ohne Hebel und das neunte Ziffernrad mit Hebel als Verbindung zum Sprossenrad dargestellt (siehe Dia 1707). Oberhalb des Dia 1624 ist eine weitere Achse zu erkennen, die die Ziffernräder des Umdrehungszählwerks darstellen. Diese haben im Unterschied zu den Ziffernrädern des Resultatwerks jeweils achtzehn Zähne und Ziffern. Sie bilden eine mit Null beginnende aufsteigende Reihe bis neun und dann wieder absteigend bis neun, so dass es folgende Anordnung gibt: 0,1,2,...9,8,7,... ,1. Die als Abtrennung erscheinende Strebe zwischen den Werken ist die Schaltklinke, welche bei jeder Kurbeldrehung die jeweils gegenüberliegende Ziffernscheibe des Umdrehungszählwerks um eine Stelle weiter dreht. Die Achse der Ziffernräder ist verschiebbar, so dass die Schalt klinke mit jedem Ziffernrad in Kontakt treten kann. Dies bedeutet beispielsweise bei einer Multiplikation, dass eine Kurbeldrehung die weißen Ziffern auf der entsprechenden Ziffernscheibe für jede Faktorenstelle die Anzahl der additiven Drehung zum Vorschein bringt.

Brunsviga Rechenmaschine

Weiterhin zeigt auch die Abbildung mit der Inv.- Nr.1625 (siehe Abb.8), der Kurbel nach zu urteilen, scheinbar eine alte Brunsviga nach dem System Odhner, welche durch die Öffnung der Rückenplatte eine gute Draufsicht auf die Walze mit den Sprossenrädern bietet. Doch betrachtet man die Anordnung der Sprossenräder und der darüberliegenden Ziffernräder näher, so lässt sich vermuten, dass es sich um ein neueres Modell der Firma „Grimme, Natalis & Co.“ handelt. Die obere Reihe an Ziffernrädern ermöglicht eine Einstellkontrolle. Dieses Einstellkontrollwerk befindet sich oberhalb des Einstellwerks und wurde ab 1907 in die Rechenmaschinen integriert. Links unterhalb der Sprossenräder ist eine runde Glocke zu erkennen, welche beim letzten Zehnerübertrag warnt. Dies lässt vermuten, dass die kurze Kurbel nachträglich angebracht wurde, da die Rechenmaschinen nach dem System Trinks eine lange Einstellkurbel besaßen.

Brunsviga Rechenmaschinen

Einen kompletten Einblick in die Mechanik des alten Rechenmaschinenmodells mit der Inv.-Nr.507 ermöglichen die Dia mit den Inv-Nr.1701 und 1705 (siehe Abb. 9 und 10). Die charakteristische kleine Kurbel und die kleine Flügelschraube sind rechts im Dia zu erkennen (Dia 1705). Die neun Sprossenräder sind gut sichtbar repräsentiert, ebenso die dreizehn Zählrädchen des Resultatwerks und die vermutlich acht Umdrehungszahlräder. Abgesehen vom neunten Rad des Einstellwerks, welches in entkoppelter Form vorliegt, sind die Übertragungsräder der Sprossen- und Zahlräder weitestgehend entfernt.

Brunsviga Sprossenrad

Die Aufzeichnung mit der Inv.-Nr. 1701 bildet zwei Rechenmaschinen ab, welche möglicherweise aufgrund der verschiedenartigen Kurbeln nicht dem gleichen Modelltyp entsprechen. Die obere Abbildung bildet eine Brunsviga nach Odhner-Prinzip (charakteristische kurze Kurbel, neun Stellen im Einstellwerk, kleine Flügelschrauben) ab, dessen Frontplatte demontiert wurde. Unterhalb dieser Maschine ist ein Gerät abgebildet, welches die Neuerungen nach 1892 aufweist und somit zur Trinks-Serie gehört (große Flügelschraube, lange Kurbel).

Die letzten verbleibenden Dia 1621 und 1706 zeigen eine Rechenmaschine vom Typ Brunsviga Nova IVa (siehe Abb. 11). Diese Rechenmaschinen befinden sich nicht im Exponatenverzeichnis der Göttinger Sammlung mathematischer Modelle und Instrumente. Vermutlich ist sie verliehen wurden und nicht wieder in den Besitz des Mathematischen Instituts gelangt oder anderweitig verloren gegangen. Diese Rechenmaschine besitzt ein zehnstelliges Einstell- und Umdrehungszählwerk und ein achtzehnstelliges Resultatwerk. Die Zurücksetzung der Werke auf Null erfolgt durch einen Löschhebel und ermöglicht dadurch eine leichtere Bedienung der Rechenmaschinen. Besonderheiten der Maschine waren eine Trennung des Rechenwerks und eine Rückübertragung aus dem Resultatwerk, die in jeder Schlittenstellung möglich war.

Brunsviga Nova


Literatur

[1] Stephan Weiss. Modelle der Rechenmaschine Brunsviga bis 1920. http://www.mechrech.info/publikat/BruviMod1920.pdf, Zugriff 16.04.2013, 17:03 Uhr.

[2] Anja Sattelmacher. Die Diasammlung Friedrich Schillings am Göttinger Mathematischen Instituts. Zugriff 27.05.2013, 09:56 Uhr.

Dieser Artikel ist ein Auszug aus der im Sommersemester 2013 am Mathematischen Institut in Göttingen angefertigten Bachelorarbeit von Carolin Wagner.