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Aufgabe 1
Herr Schulze fährt jeden Tag per Bahn zur Arbeit in die Stadt und kehrt jeden
Abend mit demselben Zug zurück, der um 17 Uhr ankommt. Dort am Bahnhof kommt
jeden Tag zu genau dieser Zeit auch Herrn Schulzes Chauffeur an, um ihn sofort
abzuholen und wieder nach Hause zu fahren.
Eines schönen Tages nimmt Herr Schulze nun einen früheren Zug, der schon um
16 Uhr ankommt. Weil er nicht warten will, geht er seinem Chauffeur entgegen
und trifft diesen auch unterwegs, steigt ein, fährt mit ihm nach Hause und
kommt dort 20 Minuten früher an als gewöhnlich.
Eines anderen schönen Tages nimmt Herr Schulze einen anderen früheren Zug, der
um 16.30 Uhr ankommt. Genau wie beim letzten Mal läuft er seinem Chauffeur
schon entgegen, trifft ihn, steigt ein und kommt wieder früher als gewöhnlich
zu Hause an. Wieviel früher?
(Bemerkung: Es wird natürlich vorausgesetzt, dass sowohl der Chauffeur als auch Herr
Schulze stets mit derselben konstanten Geschwindigkeit fahren bzw. laufen.)
Behauptung: Herr Schulze kommt unter den gegebenen Voraussetzungen genau
10 Minuten früher an als gewöhnlich!
Erster Beweis (rechnerisch): In der ersten Situation kommen die beiden 20 Minuten früher an, also hat der Chauffeur auf jedem seiner beiden Fahrwege (hin und zurück) genau 10 Minuten gespart. Insbesondere trifft er Herrn Schulze schon um 16.50 Uhr. Herr Schulze ist also in den 50 Minuten ab 16.00 Uhr genau den Weg gelaufen, den der Chauffeur in 10 Minuten gefahren wäre. Daraus folgt aber, dass der Chauffeur 5-mal so schnell ist wie Herr Schulze.
In der zweiten Situation, in der Herr Schulze 30 Minuten früher ankommt, treffen sich die beiden t Minuten vor 17.00 Uhr irgendwo zwischen Bahnhof und zu Hause. Herr Schulze läuft also 30 - t Minuten. Da er 5-mal so langsam ist wie der Chauffeur, gilt
30 - t = 5t ![]() |
Der Chauffeur spart auf jedem Weg 5 Minuten, Herr Schulze kommt also 10 Minuten früher an.
Zweiter Beweis (grafisch): Man kann sich die Bewegungen von Herrn Schulze und seinem Chauffeur in einem sogenannten Weltliniendiagramm veranschaulichen. Dieses ist ein Koordinatensystem, auf dessen x-Achse die Zeit und auf dessen y-Achse der Ort eingetragen wird. Für eine Bewegung kann man nun zu jeder Zeit den Ort feststellen und man erhält eine Kurve. Bei Bewegungen mit konstanter Geschwindigkeit sind dies Geraden. Je schneller eine solche Bewegung verläuft, umso steiler verlaufen die Geraden. In Abbildung
![[*]](file:/usr/local/lib/latex2html/icons/crossref.png)
![$ \overline{{B_3B_2}}$](img2.png)
![$ \overline{{B_2B_1}}$](img3.png)
![$ \overline{{C_3C_2}}$](img4.png)
![$ \overline{{C_2B_1}}$](img5.png)
![$ \overline{{A_3A_2}}$](img6.png)
![$ \overline{{A_2A_1}}$](img7.png)
![\includegraphics[width=\textwidth]{loes01a}](img8.png)
-.5cm 23.5cm
Aufgabe 2
Eine Schokoladentafel einer bekannten Marke besteht aus 4×4 quadratischen
Stücken. Sie soll unter 16 Personen aufgeteilt werden, so dass jeder genau
ein solches Quadrat bekommt. Dazu muss die Schokolade natürlich in die
kleinen Teile zerbrochen werden. Dies soll nun folgendermaßen geschehen:
Man nimmt einen vorhandenen Teil der Schokolade, der noch aus
mehr als einem einzelnen Quadrat besteht, und macht einen
beliebigen Schnitt entlang der Quadratkanten, so dass der Teil in zwei Teile
auseinanderbricht. Eine Möglichkeit für den ersten Schnitt wäre also
folgende:
![\includegraphics[width=10cm]{schoko}](img9.png)
Für das Auseinanderbrechen hat man nun eine Reihe von Möglichkeiten. Wieviel Schnitte muss man dabei mindestens machen? Man versuche die Antwort zu begründen!
Die Lösung stammt von Julian Vogel aus dem Felix-Klein-Gymnasium in
Göttingen:
,,
Bei jeder Teilung wird das Schokoladenstück, das gerade geteilt wird, in
zwei Teile geteilt. Nach einem Schnitt gibt es also genau 1 Schokoladenteil mehr
als vorher. Will man also aus dem anfangs vorhandenen Schokoladenteil 16 machen,
so ist 15-mal eine Erhöhung der Anzahl um 1 nötig, es muss also genau 15-mal
geschnitten werden.``
Noch eine Anmerkung: Für die Lösung der Aufgabe war es (wie bei vielen
Aufgaben) entscheidend, den Aufgabentext genau zu lesen und dabei zu verstehen, was
mit einem ,,Schnitt`` gemeint ist. Dort stand, dass bei einem Schnitt
immer ein Teil genommen wird und in zwei Teile
zerbrochen wird, deshalb hat man nach jedem Schnitt genau ein Teil
mehr. Es ist also völlig egal, wie man schneidet und welche Form die Schnitte
haben, man braucht immer genau 15 Schnitte. Es geht nicht mit weniger, aber auch nicht
mit mehr.
Aufgabe 3
Es gibt Zahlen, die sich nicht ändern, wenn man sie rückwärts
liest. So sind zum Beispiel 52325 und 88 oder natürlich auch 3 solche
sogenannten Spiegelzahlen oder Palindrome. Schreibt man alle
Palindrome auf, die kleiner als 150 sind, so sieht die Liste folgendermaßen
aus:
1, 2, 3, 4, 5, 6, 7, 8, 9 |
11, 22, 33, 44, 55, 66, 77, 88, 99 |
101, 111, 121, 131, 141 |
Dies sind genau 23 Stück. Mit P(N) sei nun die Anzahl aller Palindrome bezeichnet, die kleiner oder gleich N sind. Also ist zum Beispiel P(11) = 10 und P(150) = 23. Man versuche eine Formel für P(N) zu finden und berechne P(1234567890)! Außerdem zeige man, dass stets P(N) > 2
![$ \sqrt{{N}}$](img10.png)
Lösung:
Zunächst einmal gibt es zwei Möglichkeiten, Palindrome zu
erzeugen.
Variante 1: Man kann sich m Stück unter den Ziffern 0, 1, ..., 9 wählen
(durchaus auch einige mehrfach oder gar nicht) und diese dann in umgekehrter
Reihenfolge noch einmal hinten anfügen. Hierbei sind führende Nullen zu
streichen; hat man also etwa für m = 3 die Ziffern 014 gewählt, so wird daraus
1441, nicht etwa 014410 (=14410, was ja kein Palindrom wäre). Somit entstehen
hierbei alle Palindrome mit einer geraden Stellenzahl, die kleiner oder gleich
2m ist.
Variante 2: Man wählt sich m Ziffern
und fügt an die m-te die (m - 1)-te, dann die (m - 2)-te usw. bis zur ersten
noch einmal an (wiederum ohne führende Nullen). Hierbei entstehen alle
Palindrome mit einer ungeraden Stellenzahl, die kleiner oder gleich 2m - 1 ist.
Man habe nun eine Zahl N mit n Stellen gegeben und außerdem sei zunächst n = 2k eine gerade Zahl. Nach Variante 2 kann man dann mit m = k alle Palindrome mit ungerader Stellenzahl kleiner oder gleich N erzeugen. Hierzu wählt man sich wie beschrieben k-mal eine der 10 Ziffern. Dazu hat man genau
![]() |
= 10k | ||
k-mal |
Möglichkeiten. Die Null, die hierbei auch als Palindrom entsteht, soll dabei nicht mitgezählt werden (ist keine natürliche Zahl), also ist die Anzahl U(N) dieser ungeradzahlstelligen Palindrome
U(N) = 10k - 1. |
Nun fehlen noch die Palindrome mit gerader Stellenzahl. Diese werden nach Variante 1 mit m = k erzeugt. Man muss hierbei jedoch aufpassen, dass die entstehenden Palindrome kleiner bleiben als N. Dies ist auf jeden Fall dann der Fall, wenn die aus den ersten m Ziffern von N gebildete Zahl
![$ \hat{{N}}$](img14.png)
G(N) = ![]() |
Möglichkeiten. Bilden die gewählten m Ziffern genau die Zahl
![$ \hat{{N}}$](img14.png)
![$ \hat{{N}}$](img14.png)
![$ \hat{{N}}$](img14.png)
![$ \leq$](img16.png)
Genauso geht man vor, wenn N eine ungerade Stellenzahl n = 2k + 1 hat. Dann gibt es von den geradzahlstelligen Palindromen kleiner als N gerade G(N) = 10k - 1 Stück (gebildet nach Variante 1 mit m = k). Bei den Palindromen ungerader Stellenzahl gebildet nach Variante 2 (mit m = k + 1) muss man wieder aufpassen, dass die aus den ersten (k + 1) Stellen von N gebildete Zahl
![$ \hat{{N}}$](img14.png)
![$ \hat{{N}}$](img14.png)
![[*]](file:/usr/local/lib/latex2html/icons/crossref.png)
Um nun noch die beiden Fälle (n gerade oder ungerade) unter einen Hut zu bringen, kann man die sogenannte Gaußklammer-Funktion
![$ \lfloor$](img17.png)
![$ \rfloor$](img18.png)
![$ \lfloor$](img17.png)
![$ \rfloor$](img18.png)
![$ \lfloor$](img17.png)
![$ \rfloor$](img18.png)
![$ \lfloor$](img17.png)
![$ \rfloor$](img18.png)
Unter anderem gilt dann für n = 2k und n = 2k + 1:
![]() ![]() ![]() |
Um
![$ \hat{{N}}$](img14.png)
![]() ![]() ![]() ![]() |
(Zum Beispiel ist bei N = 1943 die Zahl k = 2, also
![$ {\frac{{N}}{{10^2}}}$](img23.png)
![$ \lfloor$](img17.png)
![$ {\frac{{N}}{{10^k}}}$](img24.png)
![$ \rfloor$](img18.png)
![$ \lfloor$](img17.png)
![$ \rfloor$](img18.png)
![$ \hat{{N}}$](img14.png)
![[*]](file:/usr/local/lib/latex2html/icons/crossref.png)
P(N) = 10![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() |
Hiermit kann man nun rechnen, zum Beispiel P(150) = 10 + 15 - 2 + 0 = 23 wie in der Aufgabe angegeben. Oder aber auch P(1234567890) = 105 + 12345 - 2 + 1 = 112344. Um die geforderte Ungleichung zu beweisen kann man nun
![$ \lfloor$](img17.png)
![$ \rfloor$](img18.png)
P(N) | = | 10![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() |
|
> | 10![]() ![]() ![]() ![]() |
||
![]() |
10![]() ![]() ![]() ![]() |
||
= | ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() |
||
![]() |
2![]() |
Das war zu zeigen. Ein genauerer Vergleich der beiden Funktionen zeigt, dass sie sich an unendlich vielen Stellen N sehr nahe kommen, nämlich an allen Zahlen N = 9999...998 mit einer geraden Anzahl von Stellen. Dies kann man auch anhand obiger Abschätzung beweisen.
Aufgabe 4
Familie Wurm (Papa, Mama, Kind) hat ein Problem: die Bettdecke von Kindwurm hat
einen Riss, und es muss eine neue angeschafft werden. Die Decke soll natürlich
die Eigenschaft haben, dass, egal wie sich Kindwurm mit seiner stolzen Länge
von genau einem Meter auch räkelt, Kindwurm mit ihr zugedeckt werden
kann.
Eine solche Decke könnte zum Beispiel die Form eines Kreises mit Durchmesser 2 m haben (siehe Bildchen). Denn egal wie Würmchen auch liegt, legt man den Mittelpunkt dieser Decke auf Würmchens eines Ende, so bleibt Wurm vollständig unter der Decke (er ist ja genau einen Meter lang, also so lang wie der Radius der Decke!). | ![]() |
Damit wäre das Problem der Familie Wurm gelöst, wenn nicht Bettdeckenstoff im
Wurmland so unglaublich teuer wäre. Langer Rede kurzer Sinn: Familie Wurm will
eine Decke mit möglichst kleiner Fläche!
Obige Decke hätte nun eine Fläche von ungefähr
3, 141593 m2. Kann man das
noch verbessern? Jeder Quadratmillimeter zählt, also lohnt es sich, nach
kleineren Decken zu suchen! Man versuche eine möglichst kleine Decke zu
finden, die aber immer noch Würmchen in jeder Lage abdeckt!
PS: Eine optimale Lösung ist wohl noch nicht bekannt, allerdings ist es
nicht allzu schwer, bessere Decken als obige zu finden.
Lösung:
Vorweg: Einige von euch haben den Vorschlag gemacht, für Kindwurm einen
Schlafsack zu nähen. Ein Wurm ist ja recht dünn (sagen wir mal, er habe
einen kreisförmigen Querschnitt mit Radius r), und ein zylinderförmiger
Schlafsack hat ja nur eine Oberfläche von 2r (Einheiten wie
m2
werden hier der Einfachheit halber meist weggelassen). Selbst für r = 0, 1
(dann wäre Würmchen schon ziemlich dick) wären das nur
0, 2 .
, also nur
ein Fünftel unseres Vorschlages. Wenn man aber so anfängt, muss man auch
bedenken, dass der Schlauch an einem Ende geschlossen werden muss, was noch
etwas mehr Stoff sowie mehr Nähgeschick erfordert, außerdem ist das
Hineinkriechen recht unangenehm, Reißverschlüsse sind jedoch fast
unerschwinglich ...Und schließlich ist Deckenstoff im Wurmland deswegen
so teuer, weil es ein besonders gut warm haltender Stoff ist (für Wurmkinder
sogar gesetzlich vorgeschrieben), der allerdings den Nachteil hat, dass er
sich sehr schlecht biegen lässt. (Man hätte ja sonst auch einen recht
dünnen Streifen Stoff von einem Meter Länge nehmen und ihn so zurechtbiegen
können, dass er die Form der Wurms nachvollzieht. Da wir den Wurm als
vernachlässigbar dünn annehmen wollen, bräuchte man also im Prinzip gar
keinen Stoff!)
So war das natürlich nicht gemeint, und fast alle haben das ja auch erkannt.
Die meisten von euch haben auch die naheliegendste recht gute Lösung
angegeben:
![$ \pi$](img37.png)
![$ \approx$](img39.png)
Will man noch bessere Ergebnisse erzielen, muss man mehr Überlegungen
anstellen. Auf den Bildern und
seht ihr mögliche andere
Deckenformen.
Etwas kniffliger wird es, wenn man die Lage beider Endpunkte A und B,
die einen Abstand d voneinander haben mögen, gegeben hat:
Dann liegt das Wurmstück (wieder mit der Länge l) garantiert in
einer Ellipsenscheibe mit den Brennpunkten A und B und mit großer
Halbachse l /2. Daraus ergibt sich nach Pythagoras eine kleine Halbachse
der Länge
.
Mit diesem Wert lässt sich nicht mehr so schön rechnen, aber für unsere
Abschätzungen reicht es zu wissen, dass die kleine Halbachse nicht länger
als l /2 ist.
Man denke sich nun die Punkte des Wurmes bei einem Viertel (A) sowie bei drei
Vierteln (B) seiner Länge markiert und lege den Wurm so auf eine gegebene Achse, dass
A auf dem (selbst gewählten) Nullpunkt der Achse liegt, B rechts
davon ebenfalls auf der Achse.
Dann liegt der Wurm garantiert in der Figur, die durch die Überlagerung zweier Kreisscheiben mit Radius 1/4 um A und B sowie der Ellipsenscheibe mit den Brennpunkten A und B und der großen Halbachse 1/4 entsteht. Man beachte, dass die Ellipse rechts und links nicht aus den Kreisscheiben ,,herausstoßen`` kann, da ihr Mittelpunkt zwischen A und B liegt und die große Halbachse nur genauso groß wie die Kreisradien ist. Ebenso liegt kein Punkt der Ellipse weiter als 1/4 von der Achse entfernt, weil die kleine Halbachse kleiner oder gleich 1/4 ist. In den beiden Extremfällen sind A und B gleich bzw. liegen im Abstand von 1/2 zueinander.
Das bedeutet aber, dass man den Wurm, egal wie er sich gekrümmt hat,
vollständig von der Figur in Abbildung
bedecken kann, da in ihr alle möglichen oben konstruierten
Kreis-Ellipse-Kreis-Gebilde (also für jeden möglichen Abstand
zwischen A und B) enthalten sind:
Ein Quadrat mit der Seitenlänge 1/2, daran anliegend
an zwei gegenüberliegenden Seiten je ein Halbkreis mit Radius 1/4.
Der Flächeninhalt dieser Figur beträgt
0, 5
+ 2 . 0, 5 .
0, 25
0, 446, was
noch deutlich besser ist als der kleinere Kreis. Bis zu welcher Länge der kleinen Halbachse (bei großer Halbachse 1/2)
eine reine Ellipsenform eine mögliche
Lösung ist, ist uns nicht bekannt. Zumindest geht es noch für 0, 319,
weil dann noch der unten vorgestellte Halbkreis in der Figur enthalten ist.
Ein Vorschlag eines Teilnehmers war, für die kleine
Halbachse die Länge
1/(2
)(
0, 159) zu nehmen. (In diese
Ellipse würde der Wurm immerhin genau hineinpassen, wenn er sich zu einem
Kreis rollt.) Wer Lust hat, kann versuchen, sich zu überlegen, dass dies zu
klein ist. (Tipp: Der Wurm kann nicht überdeckt werden, wenn er sich zu
einem rechten Winkel mit zwei Schenkeln der Länge 1/2 legt.)
Die beste uns bekannte Lösung ist genau halb so groß wie der Kreis mit
Radius 1/2, es ist nämlich genau ein Halbkreis davon. Der Beweis, dass
dies reicht, benutzt wie oben die Prinzipien der Kreis- bzw. der
Ellipsenscheibe.
Eine Gerade, die den Wurm berührt, aber nicht schneidet, heiße Stützgerade.
Wenn es nur Stützgeraden gibt, die den Wurm in genau einem Punkt berühren,
so liegt dieser in der Form einer konvexen Schleife mit eventuell zusätzlich
nach innen hin liegenden
Abschnitten, also mit einem Umfang kleiner gleich
1. Man wähle sich eine der Stützgeraden aus, und der Berührpunkt
heiße K. Jeder Punkt des Wurms hat einen Abstand von kleiner
oder gleich 1/2 von K. (Man kann sich
einem Punkt auf dem Rand ja nach Belieben von beiden Seiten nähern und den
kürzeren Weg wählen; für innere Punkte ist die Aussage dann klar.)
Damit liegt Kindwurm in einem Kreis um K mit Radius 1/2. Da er aber
vollständig auf einer Seite der Geraden liegt, liegt er auch in einem
Halbkreis mit Radius 1/2.
Wenn der eben behandelte Fall nicht eintritt, gibt es eine Stützgerade g,
die den Wurm in zwei Punkten P und Q (und eventuell noch weiteren)
berührt. Diese teilen ihn der Reihe nach in drei Teilstücke A, B und C
mit den Längen
a, b und c (mit a + b + c = 1) ein. Der Abstand d zwischen P und Q ist
offensichtlich db. Den oben durchgeführten Überlegungen entsprechend
liegt A in einem Kreis um P mit Radius a. Da A aber auf nur einer
Seite von g liegt, liegt es auch in einem Halbkreis um P mit
Radius a. Genauso liegt C in einem Halbkreis (auf der gleichen Seite von g wie
der andere) um Q mit Radius c. Und genauso entsprechend liegt B in
einer halben Ellipse mit den Brennpunkten P und Q und großer Halbachse b.
Der ganze Wurm liegt also innerhalb einer Figur, die aus der Überlappung
zweier Halbkreise und einer Halbellipse entsteht. Seien X und Y die
Extremalpunkte dieser Figur auf g.
Da die Halbellipse die Breite b hat und die
Halbkreise die Radien a und c, ist der Abstand zwischen X und Y
kleiner gleich a + b + c = 1. Nun ist die Halbellipse ,,flacher`` als ein Halbkreis
der gleichen Breite, und alle Halbkreise haben einen Radius kleiner als 1/2,
daher liegt die gesamte Figur in einem Halbkreis mit Durchmesser 1, was zu
beweisen war.
Wer sich noch mehr für dieses Thema interessiert, kann in dem Buch ,,Spiel,
Satz, Sieg für die Mathematik`` von Ian Stewart weiterlesen.
Fußnoten
- ... Formel1
- Diese kann man natürlich noch
,,verbessern``, indem man zum Beispiel
n =
log10N
+ 1 einsetzt. Sogar für V(N) kann man eine nur von N abhängige Formel finden, aber der Aufwand hiefür ist groß und bringt nicht viel.
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